Phänomenologie der Architektur – Franziska Wittmann

Phänomenologie der Architektur
Franziska Wittmann
Dienstag, 25.11.2025, 18:00, HS 17 Friedrich Hartmann, TU Wien
Moderation: Prof. Tina Gregoric & Leonhard Panzenböck
Franziska Wittmann ist Architektin in Zürich. Sie ist im Süden von Bayern aufgewachsen und hat an der TU München und an der ETH Zürich Architek- tur studiert. Nach dem Studium war sie langjährige Mitarbeiterin an der Professur von Gion A. Caminada. Im Rahmen ihrer Forschung und Lehre sind ihre beiden Bücher «Leistungen der Architektur» und «Körper in Räumen» beim Quart Verlag Luzern erschienen. «Leistungen der Architektur» wurde 2017 mit dem DAM Architectural Book Award in Frankfurt ausgezeichnet. Im Zentrum der Publikationen steht zunächst die Suche nach einem energetisch wirksamen Umgang mit Formen und Materialien. Ihre Arbeiten zeigen über einen Beitrag zu Ökologie und Nachhaltigkeit hinaus darin enthaltene Raumqualitäten und die Wirkungen auf Menschen.
Franziska Wittmann arbeitet als selbstständige Architektin. Sie plant Gebäude, arbeitet an Umbauten und entwirft Möbel, und schreibt Texte zur Architektur.
Phänomenologie der Architektur
Architektur ist resonant. Architektonische Elemente wirken aufeinander – in Bezug zu einem Ort. Eine Wand zum Beispiel reflektiert das Licht, das durch ein Fenster fällt und kann zudem die Wärme der Sonneneinstrahlung speichern – abhängig von der Himmelsrichtung und von der Größe des Fensters, von der Distanz zwischen Fenster und Wand sowie von der Masse und Oberfläche der Wand. Die Grundelemente der Architektur – Formen aus ihren Materialien – lassen ein komplexes Spiel entstehen und können im Umgang mit Energie Potentiale entfalten. Und dann befinden wir uns in diesen räumlich physikalischen Zuständen, die auf uns wirken und als Wärme oder Kühle, Licht, Klang, Feuchte oder Luftzug wahrnehmbar sind. Ort, Räume und Menschen befinden sich in Beziehungen. Wohnen ist ein Wechselspiel zwischen Mensch und Raum. Wir können uns bewegen und im Tagesverlauf sonnigere oder kühlere Orte aufsuchen. Das Wohnen kann sich mit den Jahreszeiten auf Lauben, Loggien oder Dachterrassen vergrößern und wieder auf beheizte Flächen verkleinern – wie in einem Rhythmus der Gezeiten, in dem wir um das Wetter in Bezug auf das Innenraumklima Bescheid wissen. Und wir können mit den physikalischen Phänomenen im Wohnen aktiv umgehen: Fensterläden, Windschutz, Tore etc. öffnen oder geschlossen halten, Wohngrößen und Grenzen zwischen innen und aussen verändern, um die physikalischen Phänomene mehr oder weniger wirksam werden zu lassen – vielleicht darf Wind durch Gänge ziehen, während Räume vor Zugluft geschützt bleiben; wir können Sonne einfangen oder Hitze vermeiden. Das Ziel meiner Bücher «Leistungen der Architektur» und «Körper in Räumen» war es, Wissen zu den physikalischen und physiologischen Phänomenen in der Architektur zu sammeln und so zu bündeln, dass die Architektur einen Handlungsraum gewinnen kann. In diesem Wissen liegt nicht nur ein Beitrag zur Energieproblematik, sondern auch die Möglichkeit, die Architektur insgesamt mit Qualitäten zu bereichern. Die Wahrnehmung von Architektur – weit über das Visuelle hinaus – ist synästhetisch und ihr ästhetisches Empfinden ein aufmerksames Spüren der Gegenwart an einem Ort. Phänomene entfalten sich in Architekturen und die daraus resultierenden räumlichen Zustände wirken auf uns. Wir empfinden nicht gleich, doch wir teilen ein Empfinden für Behaglichkeit und Schönheit. Architektur kann physikalisches, physiologisches und ästhetisches Bewusstsein miteinander verbinden – und gerade dadurch nachhaltiges Denken und Handeln selbstverständlich beinhalten und Sorge tragen.
Weitere Infos:
https://www.franziskawittmann.com
Der Vortrag ist Teil der Vortragsreihe „Gebäudelehre und Kulturelles Handeln“:
MI 19.11. Elias Molitschnig (Wien) – Wie wollen wir leben?
DI 25.11. Franziska Wittmann (Zürich) – Phänomenologie der Architektur
DO 27.11. Carles Enrich (Barcelona) – Ruins, Gardens and Time





